Weingut Mend: Die Franken-Jütland-Connection

Thomas Mend und Katja Müller haben den sprichwörtlichen Blick über den Tellerrand zu ihrer Lebensaufgabe gemacht: Das Portfolio des Weingut Mend reicht von Iphofen bis Semsogard.

Haben Sie eine Vorstellung von Fränkischen Weinen? Klar, knochentrocken sollten sie sein (selbst wenn sich das in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht jeder Weinmacher der Region zu Herzen genommen hat). Aber auch elegant, tiefgründig, mineralisch und mit jenem „Trinkfluss“ ausgestattet, der sie zu perfekten Speisebegleitern macht. Thomas Mend hat sich alle diese positiven Eigenschaften auf die Fahne geschrieben und erzeugt auf seinen Weinbergen – allesamt in der Gemarkung Iphofen und nur vom Feinsten – sogar Silvaner mit sage und schreibe null Gramm Restzucker. Dennoch handelt es sich dabei nicht um quietschsaure Schocker, sondern vielmehr um enorm ausdrucksstarke, fruchtige Tropfen, die nicht wie in alten Zeiten erst ab dem dritten Schluck schmecken, sondern sofort verführen und begeistern. Die Muschelkalkböden am Rand des Steigerwaldes bieten für solche Weine ideale Voraussetzungen und wer wie die Mends nicht auf Masse, sondern auf Klasse setzt, der wird mit denkwürdigen Gewächsen wie etwa besagtem Silvaner aus dem Jahrgang 2018 belohnt.

Nachhaltigkeit ist hier alltägliche Voraussetzung, schließlich weiß man hier schon lang, dass ein lebendiger Boden ebensolche Weine hervorbringt, doch beim Vergären der Weine hat Thomas Mend bisher auf Reinzuchthefen gesetzt, damit das Ergebnis nicht aufgrund einer Laune der Natur „stecken bleibt“, die Gärung also beendet ist, bevor der Zucker komplett in Alkohol umgewandelt wurde und somit halbtrockene Weine entstehen. Hier kommt nun Ehefrau Katja Müller ins Spiel, die ihren ganz eigenen Kopf und somit Freude am Experiment hat. Die gelernte Hotelfachfrau und Betriebswirtin erwarb vor ein paar Jahren ein Barrique, erntete vollreife Trauben von der Scheurebe aus der Spitzenlage Julius-Echter-Berg, presste diese gewohnt behutsam, legte den Saft ins Fass – und wartete ab, was passiert. Bereits die Anwesenheit von Holzfässern auf dem Weingut glich einer Revolution und den Wein von der Gärung bis zur Abfüllung dort zu belassen beinahe schon Leichtsinn, doch das Ergebnis machte deutlich, dass hier der richtige Platz für gewagte Experimente ist: Der spontanvergorene Wein mit perfekt eingebundener Holznote gewann aus dem Stand den Deutschen Scheurebe-Preis als bester Wein aus dieser ganz besonderen Rebsorte. Also wurden es ein paar Fässer mehr, auf den Preis hat Katja Müller unterdessen fast schon ein Abonnement und sowohl Silvaner als auch Müller-Thurgau gehen nun denselben Weg, um eine Kundschaft zu begeistern, die auch an milderen, nicht so säurebetonten, dafür aber hocharomatischen Tropfen ihre Freude hat.

Was Thomas Mend nicht in Ruhe ließ. Der legte bald selbst Wein in Holzfässer – allerdings solche mit 500 Liter Fassungsvermögen –, ließ den Wein im Holz kontrolliert gären und schuf somit den dritten spannenden Weinstil im Familienweingut, der nun den Namen Holzwerk trägt. Der Weißburgunder 2018 aus dem Kronsberg etwa ist ein kraftvoller Beleg für diese gelungene Liaison zwischen Tradition und Moderne und gehört zu den interessantesten Gewächsen Frankens. Alle diese Weine finden sich noch unter der Rubrik Weinprojekte in der Karte, denn die verfügbaren Mengen sind denkbar klein. Noch kleiner, dafür aber noch exotischer verhält es sich mit einem Projekt, das aus einer tiefen Freundschaft mit einem dänischen Ehepaar entstanden ist. Dänemark und Wein? Der Klimawandel ist da und hat zumindest für Weinfreunde auch positive Aspekte. So freundeten sich die Mends vor Jahren während des Urlaubs im verträumten Örtchen Semsogard in der Nähe von Aarhus mit dem Ehepaar Bogner an – und die waren in Sachen Weinbau nicht nur neugierig, sondern wild entschlossen. Also brachten die Mends 2009 1.000 Weinstöcke der Rebsorte Seyval blanc mit und pflanzten diese gemeinsam vor Ort. 2011 kamen dann noch 500 Stöcke Johanniter hinzu und die Ergebnisse sind derart überzeugend, dass ein weiterer Ausbau der Fläche geplant ist. Schließlich passen die hier erzeugten Weine absolut ideal zum neuen Trend: Leichte, fruchtige, frische Weine mit niedrigem Alkoholgehalt und jeder Menge Spaß im Glas!

Hinzu kommt natürlich der „Exotenbonus“, denn wer kann schon von sich behaupten, dänischen Wein im Keller zu haben? Und zwar einen, der auch noch richtig gut schmeckt? Jetzt hat auch noch der Gault Millau entdeckt, was die Mends draufhaben und so sind die Flaschen aus dem hohen Norden immer schnell verteilt. Die beiden haben auf ihrer Website einen Onlineshop, doch am schönsten ist eigentlich der Besuch vor Ort. Der Betrieb liegt nämlich etwas außerhalb von Iphofen direkt an beziehungsweise in den Weinbergen. Dort können sie auch mal die tollen Rotweine probieren. Schon wieder ein Weinstil mehr, allesamt mit der ganz persönlichen Handschrift eines sehr ungewöhnlichen und sehr sympathischen Ehepaars aus dem schönen Frankenland!